ANNA MITCHELL kannte man im "Franziskaner" bereits durch Auftritte der Band John Blek & The Rats, bei der sie als Pianistin und Sängerin aktiv ist. Am 5. November trat die Musikerin aus dem irischen Cork erstmals mit ihrem eigenen Songmaterial in Bad Saulgaus Konzertkneipe auf, im Tourneegepäck ihr zweites, selbstbetiteltes Album. Es wurde nicht zuletzt Dank ihrer bestens aufeinander eingespielten Band ein Abend, an den sich die die knapp 50 Konzertbesucher noch länger erinnern dürften.
Vorab trat erstmals während der Tour DYLAN HOWE als Support-Act auf. Er war der Band aus Irland nachgereist und an diesem Abend zu ihr gestoßen. Am E-Piano stellte er einige seiner recht ruhigen Songs vor und stimmte auf den Auftritt von ANNA MITCHELL ein. Diese merkte bei der Begrüßung des Publikums süffisant lächelnd an, dass die Gäste hier "Guinness" tränken, sie als Iren auf Tour aber deutsches Bier bevorzugen würden. Sei's drum, der hiesige Gerstensaft scheint sie in der Tat beflügelt zu haben. Trotz Singer/Songwriter-Hintergrund herrschte bei der Bandleaderin und ihren vier Begleitern ein angenehm rockiger Grundton vor. Diese agierten zwar technisch auf höchstem Niveau, dennoch kam das Ganze enorm lässig rüber, was nicht vielen Bands so ohne weiteres gelingt. Leadgitarrist ALAN COMERFORD überraschte immer wieder mit kurzen, knackigen Soli, die den Songs die nötige Würze gaben. Ansonsten selbst der Frontmann, ordnete sich JOHN BLEK diesmal voll und ganz der Band unter. Er steuerte aber mit seinem Spiel an der Rhythmusgitarre und seinem Backgroundgesang unheimlich viel für den herrlich abgerundeten Sound bei. Bassist BRIAN HASSETT und FIONN HENNESSEY HAYES an den Drums bildeten schon eine traumwandlerisch sicher agierende Rhythmusachse.
Das Quintett aus der zweitgrößten irischen Stadt verfeinerte seine rockig-bluesige Basis mit Folk und Country-Anleihen und sorgte so für einen gelungenen Brückenschlag zwischen der Grünen Insel und Amerika. Unterm Strich könnte man den Sound von ANNA MITCHELL und ihren Musikern als Americana mit keltischen Wurzeln bezeichnen, zumal sich schnell der Eindruck aufdrängte, hier stünde eine Band aus den USA auf der Bühne. Die knochentrocken groovende Bluesrock-Nummer "Muddy Waters" unterstrich dies eindrucksvoll. Wer die Songs von der Platte oder den Music-Clips kannte, war überrascht, wie druckvoll und rockig diese "live" rübergebracht wurden. Es war aber auch ein Set, in dem die Musiker und ihre Frontfrau ruhige und melancholische Momente, wie das elegische "Never Learn" oder den neuen Album-Opener "All These Things" für das Publikum bereit hielten.
Dann, nach ausschließlich eigenen Songs, etwas überraschend eine Coverversion: "White Rabbit" von Jefferson Airplane war perfekt auf die Irin zugeschnitten, hat sie doch eine ähnlich klare
und kräftige Stimme wie Grace Slick. ANNA MITCHELL unterstrich dann auch, dass die Frontfrau der kalifornischen Rocklegende zu ihren Favoritinnen gehöre. Eine fulminante Version
von Screamin' Jay Hawkins Rhythm'n'Blues-Klassiker "I Put A Spell On You" und "Dog Track", die erste Single-Auskopplung aus dem neuen Album, markierten den rockig-groovigen Schlusspunkt einer
ebenso atmosphärischen wie facettenreichen Vorstellung von ANNA MITCHELL und ihrer Band.
Klar, dass das Publikum nach diesem Auftritt Nachschlag haben wollte. Mit dem countrylastigen Ohrwurm "When My Ship Comes In" brachte die Songwriterin von der Grünen Insel als Zugabe den
wohl bekanntesten Song ihres 2016er-Debütalbums "Down To The Bone" und feierte danach mit dem Rory Gallagher-Song "A Million Miles Away" ein Tribut an den ebenfalls aus Cork stammenden und leider
schon 1995 verstorbenen Bluesrocker. Bei diesem Klassiker enterte Support-Act DYLAN HOWE als weiterer Sänger nochmals die Bühne, und so endete schon fast als
improvisationsfreudige Live-Jam ein Konzert, das zumindest meiner Meinung nach geradezu nach Wiederholung schreit.
Ein dickes Dankeschön geht an "Franzis"-Wirt Hans Dangel für die kurzfristige Akkreditierung.
Text + Bilder: Miche Hepp