Lesestoff


Making Woodstock

Das legendäre Festival und seine Geschichte (erzählt von denen, die es bezahlt haben)

(Orange Press 2009) Für viele ist der smarte Promoter Michael Lang das Gesicht des Woodstock-Festivals. Unvergessen die Szene im Kinofilm "Three Days Of Peace And Music", in der er auf einem Pferd über das Festivalgelände reitet. Mindestens gleich großen Anteil am Gelingen des dreitägigen Open Airs  haben aber Joel Rosenman und John Roberts. Die zwei jungen Geschäftsleute aus New York City machten mit dem Risikokapital, das sie in das Projekt einbrachten, "Woodstock" erst möglich. Für die gestressten Fädenzieher im Hintergrund waren es jedoch keine "Three Days Of Peace And Music". Erst recht nicht in der Zeit nach dem Festival, wo Stress mit der Bank und etliche Zivilklagen auf Rosenman und Roberts zukamen. 

 

 Die Geschichte beginnt im Februar 1969, gerademal sechs Monate bevor beim "Woodstock" auf dem Gelände des Farmers Max Yasgur 32 Größen der amerikanischen und englischen Musikszene vor geschätzten 400.000 bis 500.000 Besuchern auftraten. Die beiden frischgebackenen und finanziell gut abgesicherten Hochschulabsolventen Joel Rosenman und John Roberts dockten auf der Suche nach Investitionsprojekten am Pop-Business an und lernten die beiden Musikproduzenten Artie Kornfeld und Michael Lang kennen. Letzterer hatte schon Erfahrung als Veranstalter und schlug vor, mit der Organisation eines Musikfestivals ein Tonstudio zu finanzieren. Die Idee für "Woodstock" war geboren. Das ungleiche Quartett aus zwei Hippies und zwei Hipstern begann mit den Planungen für ein Open Air im Hinterland von New York City mit maximal 50.000 Besuchern. Rosenman und Roberts erzählen eine Geschichte, die auch "Woodstock - Pleiten, Pech und Pannen" heißen könnte. So hatte man vier Wochen vorher noch kein Gelände gefunden, und am ersten Festivaltag war die Bühne immer noch nicht aufgebaut. Es gab zwar Kassenhäuschen, doch das Personal dafür fehlte - was sowieso egal war, denn bekanntlich stürmten die Besucher ja das Gelände.             

 

 Fünf Jahre nach dem Festival schrieben Joel Rosenman und John Roberts gemeinsam mit dem befreundeten Buchautor Robert Pilpel ihre Geschichte auf. Das Fazit der Autoren: Allen Verklärungen zum Trotz war "Woodstock" ein Organisations- und Finanzdesaster, zunächst mit einem Verlust von 1,3 Millionen US-Dollar. Dass es damals nicht zu einer Katastrophe kam, ist der Disziplin des Publikums und dem Einfallsreichtum der Veranstalter zu verdanken. Joel Rosenman und John Roberts sind dabei mit einem blauen Auge davongekommen. Dank der Beteiligung in Höhe von 1,5 Millionen US-Dollar aus den Einspielungen der mit dem "Oscar" ausgezeichneten Kinodokumentation sowie der beiden Soundtrack--Plattenalben verzeichneten sie Ende 1973 nur noch ein Minus von 100.000 US-Dollar. Zehn Jahre nach dem Festival waren sie schuldenfrei. 

 

 "Making Woodstock" ist vor allem eine Geschichte des Improvisierens. Ein bisweilen sarkastischer Blick hinter die Kulissen des Kult-Open Airs. Interessant, kurzweilig zu lesen und stets mit einem angenehm lakonischen Tonfall. In den USA ist das Buch bereits 1974 mit dem Titel "Young Men With Unlimited Capital" erschienen.

 

Miche Hepp